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Freie Montessori-Grundschule - November 2022

Wochenprojekt der Montessori-Grundschule vom 07.11. bis zum 11.11.2022

Zu Gast sind die beiden Autoren Carl Christian Elze aus Deutschland und Gilda Policastro aus Italien

Gilda Policastro aus Italien

Diesen Text hatte Gilda Policastro für die Kinder zum Weiterschreiben mitgebracht: 

(Autorin: Gilda Policastro, Übesetzerin: Annette Schiller)

Tiv

Seit heute haben wir einen Pudel, er heißt Tiv. Papa hat uns erzählt, dass sein Freund, der Tierarzt, ihn gebeten hat, ihn für eine Weile aufzunehmen, bis er eine andere Familie gefunden hat. Mama ist dagegen, sie sagt, wir Kinder könnten uns zu sehr an ihn gewöhnen, die Wohnung sei zu klein, wir bräuchten einen Garten, um einen Hund zu halten, und vieles andere, was Papa nach dem ersten Widerspruch nicht mehr hören wollte. Mama wirft ihm immer vor, dass er mit seinen Gedanken woanders sei. Sie erkennt an seinem Blick, wenn er nicht zuhört. Du schaust mir nicht in die Augäpfel“, sagt sie dann. Meint sie vielleicht die Pupillen. Bringt Mama etwa die Wörter durcheinander? Und wenn sie sich bei den Wörtern irrt, kann sie sich dann nicht auch beim Hund irren? „Außerdem haben wir einen Balkon“, wandte Papa ein. "Das ist nicht dasselbe", entgegnete sie und lief ihm hinterher, "ein Hund muss mehrmals am Tag sein Geschäft machen, ich habe schon genug zu tun, daran hast du nicht gedacht, als dein Tierarztfreund dir diesen Floh ins Ohr gesetzt hat?" Wieso Floh, fragte ich mich. Es ist doch ein Hund, kein Floh. Papa sagte, dass dieser „Floh", wie sie sagte (und dabei schrieb er Anführungszeichen in die Luft, einmal, zweimal), mir und meiner Schwester Gesellschaft leisten würde, so würden wir uns nicht mehr streiten und unsere ganze Zeit mit Videospielen oder vor dem Fernseher verbringen. Meine Schwester hatte aber ein bisschen Angst und versteckte sich hinter meinen Beinen, obwohl der Hund sich praktisch nicht bewegte, den Kopf hoch erhoben, aber ruhig, ohne die Absicht zu bellen oder alles schmutzig zu machen, wie Mama dachte. Zumindest bis zu dem Moment, als er zum ersten Mal in unser Haus kam. Am nächsten Tag war alles anders.


Carl Christian Elze aus Deutschland

Diesen Text hatte Carl Christian Elze für die Kinder zum Weiterschreiben mitgebracht:

Der Präsident erwachte und bekam schwer Luft. Das Licht war wie immer von allein angegangen, exakt um 5.00 Uhr morgens. Ein schwarzverklebtes, stinkendes Tier lag auf seinem Brustkorb, zusammengerollt wie ein Hündchen, schnarchend und mit dem Atem rasselnd, felsenschwer. Als der Präsident mühsam den Knopf auf dem Nachttisch-schränkchen drückte, verflüssigte sich das Tier und lief als ein dunkles Rinnsal vom Bett herunter, verschwand spurlos im Teppichboden, wie jeden Morgen. Der Druck ließ nach und der Präsident richtete sich in seinem Kissen auf. Er atmete mehrmals tief ein und betrachtete die Ikone der Jungfrau Maria mit dem Jesuskind, die hinter seinem Schreibtisch hing. Im Präsidentenpalast war es nicht mehr sicher genug für ihn gewesen, seit Kriegsbeginn befand er sich in seiner Festung unter der Erde.

Die Tür ging auf und einer seiner Palastdiener wünschte ihm einen guten Morgen, zog die Gardinen zurück, hinter denen es angemalte Fenster gab, und legte wie immer ein abhörsicheres Satellitentelefon auf den Schreibtisch. Es war Zeit aufzustehen. Der Diener verließ den Raum mit einer Verbeugung. Kaffee konnte der Präsident um diese Zeit noch nicht trinken, auch wenn er sich danach sehnte, aber das würde sein Magen ihm sofort übelnehmen und eine Säurebombe zünden.

Der Präsident stand auf, zog seine Militäruniform an, die eine Phantasieuniform war, und setzte sich hinter den vier Meter langen, mosaikverzierten Schreibtisch. Niemand in seinen Streitkräften, niemand auf der Welt hatte eine vergleichbare Uniform mit vergleichbar vielen Abzeichen und Goldrändern. Und nur darauf kam es an, dachte der Präsident, die Uniform musste unvergleichlich sein, um Gutes zu erreichen für sein Volk. Wen sollte er als Erstes anrufen: die Generäle der Ostfront oder die der Südfront? Er konnte sich nicht entscheiden, der Kaffee fehlte, fehlte schmerzlich. An beiden Fronten war es gestern zu Durchbrüchen des Feindes gekommen, obwohl er, der Präsident, die eroberten Gebiete erst vor drei Tagen per Gesetz dem Großen Reich angegliedert hatte. Es war ein rauschhaftes Fest unter der Erde gewesen. Der Festsaal im Bunker hatte dem großen, goldenen Festsaal des Palastes bis ins kleinste Detail geglichen, um dem Feind zu demonstrieren, dass man im Großen Reich keinerlei Vorsichtsmaßnahmen nötig hatte. In seiner historischen Festrede hatte er dem Feind erneut unmissverständlich gedroht, zu der stärksten aller starken Waffe zu greifen, falls dieser die neuen Grenzen und damit das heilige Gesetz des Präsidenten nicht akzeptieren wollte. [...]

Montag/Dienstag

Am Montag und Dienstag hatten die Kinder der Montessorischule in zwei Schreibwerkstätten Zeit, die vorgegebenen Texte fortzuschreiben. Die Ergebnisse wurden in einer Lesung am Dienstag vorgestellt.

Hier sind Bilder aus der Lesung am Dienstag:

Mittwoch/Donnerstag

Arbeit in den Werkstätten: Ab Mittwoch arbeiteten die Kinder in den verschiedenen künstlerischen Werkstätten, um die Texte in den verschiedensten Techniken zu illustrieren.

Insgesamt wurden 5 Werkstätten angeboten:

Werkstatt Malerei
Projektleitung Jenny Rempel, Künstlerin aus Halle

In dieser Werkstatt wurden zum Text von Carl Christian Elze Bilder gemalt.

Ergebnisse aus der Werkstatt Malerei

Werkstatt Buchkunst
Werkstattleitung: Claudia Richter Künstlerin aus Halle

Unter der Anleitung von Claudia Richter illustrierten die Kinder der Montessorischule die Texte in der Technik der Monotypie. Es wurde ein Buch gebunden, die Illustrationen einmontiert und der Text wurde mit Schreibfedern eingeschrieben.

Fotos vom Entstehen

Diese Bücher sind in der Buchwerkstatt entstanden:

Keramikwerkstatt
Anleitung Katharina Günther - Bildhauerin aus Mansfeld

Unter der Anleitung von Katharina Günther schufen die Kinder Orden, Figuren und Reliefs zum Text von Carl Christian Elze. Diese Figuren wurden mit farbigen Engoben bemalt und am Ende glasiert.

Textilwerkstatt
Die Textilwerkstatt wurde angeleitet von Birgit Domke - Textilkünstlerin aus Halle

Unter der Anleitung von Birgit Domke fertigten die Kinder textile Bildwerke, die sie zu einem großen Wandbehang montierten. Am Ende entstand ein Bildteppich zum Text von Gilda Policastro.

Bilder vom Entstehen

Hier seht Ihr die Bilder aus Stoff, Wolle und Garn

Theaterwerkstatt
Anleitung: Angelika Mühlbach - Theaterpädagogin aus Thale

Unter der Anleitung von Angelika Mühlbach entwickelten die Kinder ein eigenes Theaterstück zum Text von Gilda Policastro. Dieses kam am Freitag in einer Theatervorführung zur Aufführung. Hier sind Bilder aus der Probe am Donnerstag:

Freitag - mit Theaterpremiere

Theaterpremiere für das Stück "Der Hund"

Am Freitag nun war es soweit. Die Kinder der Theaterwerkstatt haben verschiedene Varianten vorgestellt, die sie zum Text von Gilda Policastro einstudiert hatten. Es sind insgesamt vier kleine Szenen entstanden.

Hier ist ein Filmmitschnitt:

Präsentation der Arbeitsergebnisse am Freitag auf dem Flur der Kreativwerkstatt