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Freie Montessori-Schule - März 2022

Wochenprojekt der Montessori-Grundschule vom 28.02. bis zum 04.03.2022

Nele Heyse aus Deutschland und Lorenzo Monfregola aus Italien

Nele Heyse © Stadt Aschersleben
Nele Heyse aus Deutschland

Das ist der Text, den Nele Heyse den Kindern zum Fortschreiben mitgebracht hat:

Manchmal habe ich Angst und ich weiß nicht wovor, manchmal bin ich wütend und ich weiß nicht worauf und manchmal bin ich traurig und ich weiß nicht warum. Klar ist nur, dass ich nichts dafür kann. Es ist einfach so und stört mich. Aus Wut trete ich gegen unsere Kommode. „Hey, du Arschgesicht, spinnst du oder was? Das ist mir ja seit Millionen Jahren nicht passiert!“ knarrt die plötzlich. Meine Wut ist wie weggeblasen. Ich muss lachen. Wenn hier jemand spinnt, dann ist es diese alte Kommode. Millionen Jahre, gehts noch? Da gab es uns Menschen doch noch garnicht. Ich habe keine Lust, weiter angepflaumt zu werden und gehe in die Küche. Dort schaue ich mir den alten Eichentisch von meinen Ururgrosseltern näher an. Doch ohne dass ich ihn berührt hätte, fängt der auch plötzlich zu reden an. „Wage es nur nicht! Besorg dir lieber ‘ne Fussbank. So eine, wie es sie früher für die Kinder hier gab. Immer wenn da eines ausrastete, konnte gegen die ‚Hitsche’ getreten oder auf ihr Polster eingedroschen werden. Die sah ziemlich belämmert aus. Musste irgendwann auf den Müll. Blöd, sonst müsstest du jetzt nicht mit dem Gedanken spielen, dich an mir zu vergreifen.“ „Woher willst du das denn wissen?“ frage ich. „Ich bin bald 200 Jahre alt. Meinst du nicht, dass ich genug Kindergesichter gesehen habe? Ich kann in ihnen lesen, wie ihr in Büchern. Ich weiss, wann sie hungrig sind, ob es ihnen schmeckt oder wenn sie sich genervt fühlen. So viele haben an mir gesessen. Welche, die zur Familie gehörten und welche die zu Gast waren und andere, die Unterschlupf brauchten. Meistens waren die am glücklichsten, weil sie eigentlich so viel Grund hatten traurig zu sein.“ Ach, das mit den Gründen, das interessierte mich. „Kannst du mir erzählen, was für Gründe die so hatten, die hier bei dir Unterschlupf bekommen haben?“ „Klar kann ich das, da musst du dich an mich setzen und zuhören.“

Lorenzo Monfregola aus Italien

Und das ist der Text von Lorenzo Monfregola:

(Übersetzung: Annette Schiller)

Die Grenze

Ich fahre mit dem Auto durch die Nacht, der Mond erhellt alles. Rechts von der Straße ist ein langer, silbriger Fluss. Direkt hinter dem Fluss befindet sich die Grenze. Die Grenze besteht aus einem hohen Metallzaun, oben mit Stacheldraht umwunden. Seit Tagen versuchen Migranten, die Grenze zu überqueren. Aber inzwischen sind hier im Laufe der Nacht auch viele andere Menschen unterwegs: Journalisten wie ich, Polizisten auf Patrouille, Menschen, die den Migranten helfen wollen, Neonazis, die die Migranten verjagen / vertreiben wollen. Nach einer Weile halte ich das Auto an, ich will den Fluss besser sehen. Ich steige aus, es ist sehr kalt. Ich mache ein paar Schritte und bin schon am Ufer: Das Wasser ist wirklich merkwürdig, weil es so silbern ist. Dann sehe ich aus den Augenwinkeln große silberne Flecken, die die Flussböschung hinauf spritzen. Jetzt springen die Kleckse auf mein Auto zu: Ich höre ein dumpfes Geräusch, das von meinem Auto kommt. Was ist da los? Wie kann sich das Flusswasser so bewegen? Ich renne zurück zum Auto, öffne die Tür: Die silbernen Punkte wirbeln im Auto herum. Was ist das bloß? Ich versuche, genauer hinzuschauen: Es sind gar keine Kleckse, es ist ein Mann, der in das Auto eingestiegen ist! Es ist ein Mensch, der mit silbrigeml Wasser aus dem Fluss bedeckt ist: Er hat silbrige Flecken auf dem Kopf, der Kleidung, den Armen. Der Mann sieht mich nicht einmal an, er zittert. Wer ist das?

Montag/Dienstag

Zu diesem Text schreiben die Kinder in der Textwerkstatt eine Fortsetzung und gestalten die Geschichte dann in den künstlerischen Werkstätten.

Nach zwei Tagen Schreibwerkstatt wurden die entstandenen Texte am Dienstag in einer Lesung vorgestellt.

Hier sind einige Bilder: 

Mittwoch/Donnerstag/Freitag

Nach der Lesung am Dienstag wurde ab Mittwoch in den Werkstätten künstlerisch gearbeitet. Hier seht ihr Bilder aus den 5 Werkstätten:

Werkstatt: Malen – „Kreativität Flügel verleihen“
Werkstattleitung: Thomas Plank, Künstler aus Halle/Saale

Bilder aus der Malwerkstatt:

Und hier seht ihr einige der entstandenen Bilder:

Grafikwerkstatt: Kaltnadelradierung
Werkstattleitung: Sven Großkreutz - Maler und Grafiker aus Halle/Saale

Die Kinder haben sich für die Technik der Kaltnadelradierung entschieden. Es entstanden viele Illustrationen zum Text von Nele oder Lorenzo. Manche haben eine alte Schreibmaschine für das Schreiben benutzt. Die Radierungen wurden auf Büttenpapier gedruckt - mit Ölfarbe.

Hier seht ihr Bilder aus der Werkstatt:

Und hier seht ihr die gedruckten Radierungen und die mit Schreibmaschine geschriebenen Texte.

Textilwerkstatt
Werkstattleitung: Birgit Domke, Dipl.-Textilkünstlerin aus Halle

In dieser Werkstatt haben die Kinder zunächst ihre Geschichte geschrieben, diese illustriert und dann zu einem Buch gebunden. Das Buch erhielt einen selbst gestalteten Umschlag aus Stoff oder Filz, welcher mit textilen Techniken gestaltet wurde - z.B. bestickt.

Hier seht ihr Bilder aus der Textilwerkstatt:

Theaterwerkstatt
Projektleitung: Angelika Mühlbach, Theaterpädagogin aus Thale

Die Kinder entwickelten aus dem Text von Nele Heyse ein eigenes kleines Theaterstück, welches sie am Freitag dann aufgeführt haben.

Hier seht ihr Bilder von einer Probe:

Das Theaterstück hat den Titel: "Das Abenteuer"

Werkstatt Trickfilm
Werkstattleitung: Olaf Ulbricht - Diplomgrafiker und Mediengestalter aus Halle/Saale

Zuerst erarbeiteten die Kinder ein Storyboard. Das ist so etwas wie ein Drehbuch. Die Kinder hatten sich für eine Fortschreibung der Geschichte von Lorenzo entschieden. Es ist ein kleiner Trickfilm entstanden, welcher am Freitag aufgeführt wurde.

Hier sind wieder Bilder aus der Trickfilmwerkstatt: