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Gymnasium Stephaneum Aschersleben - Juni 2022

Wochenprojekt der 6. Klassen des Gymnasiums Stephaneum vom 30.05.2022 bis zum 03.06.2022

Die Autoren Gianfranco Perriera aus Italien und Jörg Schieke aus Leipzig zu Gast

Gianfranco Perriera aus Italien

Diesen Text hat Gianfranco Perriera den Kindern der 6. Klassen zum Fortschreiben mitgebracht:

(Übersetzerin: Annette Schiller)

La scelta di Omotola

Wasser gab es in dem Dorf schon seit einiger Zeit nicht mehr. Der Himmel sah aus wie ein verblichener Lappen, aus dem man kaum hoffen konnte, auch nur einen einzigen Tropfen herauszupressen. Der Boden war rissig, kantig und hart. Die einzige übriggebliebene Ziege meckerte nicht einmal mehr, sondern bewegte sich nur noch im Kreis, von Fliegen in der Größe einer Cola-Nuss umgeben.

Die Freiwilligen von ActionAid waren weg. Das Brunnenprojekt war nur halb fertig. Seit zwei Wochen kamen keine Lastwagen mehr, keine Lebensmittel und keine Wasserflaschen. Barnabas, der immer fröhlich war und Schokolade an die Kinder verteilt hatte, war nirgends mehr zu sehen. Er hatte rotes Haar, kannte sich mit Medizin aus und meinte, dass es ungerecht und inakzeptabel ist, dass in einer Welt, in der Menschen im Weltraum Urlaub machen können, Tausende sterben, weil Aspirin fehlt. Geht weg von hier; alle, - hatte er das letzte Mal, als man ihn gesehen hatte, immer wieder gesagt. Weg. Weg von hier.

Die Flucht aus den umliegenden Hütten hatte schon vor Monaten begonnen. Es dauert hier nicht lange, Deine Sachen zu packen. Du lädst Dir alles auf die Schultern. Oder höchstens auf einen zweirädrigen Wagen.

Omotola fegte mit dem Reisigbesen vor der Tür. Der Besenstiel war doppelt so hoch wie sie. Man muss den Schmutz fernhalten. Das hatte ihre Mutter ihr beigebracht. Ihr Bruder Iniko sagte ihr wütend an einem Sommerabend, bevor er das Dorf verließ: "Sie behandeln uns wie Dreck. Wir sind der Abfall der Welt. Iniko war in der Stadt gewesen, Er war ins Dorf zurückgekehrt und wieder abgehauen. Mehr als einmal. Beim letzten Mal hatte er beschlossen, über das Meer zu fahren. Er würde sehr weit weg gehen, in die Länder jenseits des Meeres, wo man genug zu essen und zu trinken hat und wo man Berge aus all dem Müll macht, den man wegwerfen darf.

Er war viel älter als Omotola, gab ihr Ratschläge und wusste, wie er sie aufmuntern konnte. Er wollte in diesem ausgetrockneten Land nicht wie eine Maus in der Falle sterben. Beim letzten Abschied hatte er seiner Schwester das feierliche Versprechen abverlangt, dass auch sie gehen würde, dass auch sie sich nicht diesem von allen Göttern und Geistern verlassenen Land ergeben würde.

Omotola fegte um die Tür der Hütte. Sie fegte und überlegte, wie sie ihren Vater Kenan zum Weggehen überreden könnte.

Jörg Schieke aus Deutschland

Und diesen Text hat Jörg Schieke den Kindern der 6. Klassen zum Fortschreiben vorgelesen:

Über die Brücke, zum anderen Ufer

Matti ist vierzehn, aber er versteht schon, was zwischen seiner Mutter und seinem Vater vor sich geht. Sie geben sich Mühe, aber je mehr Mühe sie sich geben, desto öfter streiten sie sich. Sie streiten sich darüber, ob er, Matti, Wurst oder Käse auf sein Pausenbrot bekommen soll, ob Clint Eastwood jemals einen Oscar gewonnen hat, und sie streiten sich darüber, ob Baden gesünder als Duschen ist - oder umgekehrt. Egal, worüber sie sich unterhalten, am Ende streiten sie sich. Erst leise, dann laut, und wenn Mattis Mutter manchmal zu weinen beginnt, sagt sein Vater: Das geht so nicht weiter, das hat doch alles keinen Sinn mehr.

Aber Matti will nicht aufgeben. Er fragt seine Eltern, ob sie zu Ostern, wie jedes Jahr, für vier Tage nach Glowe, an die Ostsee, auf die Insel Rügen fahren. Dort, am Meer, haben seine Eltern sich immer vertragen. Und wenn sie Stralsund erreicht hatten und über den Rügendamm Richtung Insel gerollt waren, hatte sein Vater immer gesagt: „Na, seht ihr schon das andere Ufer? Habt ihr das Land im Blick, ihr Flachlandmatrosen?“

Natürlich fahren wir nach Glowe über Ostern, sagt Mattis Vater. Mal sehen, sagt seine Mutter, wir fahren nur, wenn schönes Wetter ist. Ansonsten, womöglich den ganzen Tag im Regen, da streiten wir uns doch nur.

Matti versteht, und er versteht vielleicht mehr als seine Eltern. Ostern muss es schön werden, sie müssen ans Meer, das ist die letzte Chance für ihre Familie. Matti hat sich noch nie für das Wetter interessiert, warum auch, als Vierzehnjähriger hat man andere Sorgen. Aber nun liest er jeden Tag den Wetterbericht in der Zeitung, und er lädt sich eine Wetter-App auf sein Smartphone. Die Wetter-App zieht er neben die Lärm-App, die mit dem Dezibel-Balken, mit der Matti manchmal gemessen hat, in welcher Lautstärke sich seine Eltern gerade mal wieder gestritten haben. Die beiden Apps, die für das Wetter und die für den Lärm, gehören jetzt also auf irgendeine Weise zusammen.

Es ist erst Mitte März, noch drei Wochen bis Ostern, und Matti versucht jede Temperaturveränderung, jede Wolke am Himmel zu deuten. Vielleicht kann er etwas finden, irgendein Naturgesetz, mit dem er das Wetter nicht nur voraussagen, sondern es sogar beeinflussen kann.

Montag/Dienstag

Am Montag und Dienstag hatten die Schülerinnen und Schüler in den Schreibwerkstätten Zeit, den Text fortzuschreiben. Einige dieser Texte wurden am Dienstag in einer Lesung dann vorgetragen. Hier folgen einige Bilder aus der Lesung:

Mittwoch/Donnerstag/Freitag

Ab Mittwoch arbeiteten alle Kinder in acht künstlerischen Werkstätten an der Illustration der entstandenen Texte.

Werkstatt Malerei
Werkstattleitung: Emanuel Schulze - Künstler aus Halle

In der Malwerkstatt entstanden farbige Illustrationen zu den Geschichten.

Bilder aus der Malwerkstatt:

Ergebnisse aus der Malwerkstatt:


Werkstatt Buchkunst
Anleitung: Sophie Mildner - Buchkünstlerin aus Halle

Unter der Anleitung von Sophie Mildner entstanden illustrierte Bücher zu den geschriebenen Geschichten. Diese wurden abschließend gebunden.

Bilder aus der Buchwerkstatt:

Ergebnisse aus der Buchwerkstatt:

Fotowerkstatt
Tobias Jeschke - Fotograf aus Halle

Unter der Anleitung von Tobias Jeschke lernten die Schülerinnen und Schüler der 6. Klassen die Grundkenntnisse des Fotografierens. Die entstandenen Bilder wurden am PC ausführlich analysiert.

Ein Blick in die Fotowerkstatt:

Hier sind einige der entstandenen Fotos:

Werkstatt Grafik und Malerei
Projektleitung: Sven Großkreutz - Maler aund Grafiker aus Halle

In dieser Werkstatt entstanden vor allem grafische und malerische Illustrationen zur italienischen Geschichte. Die fertigen Blätter wurden in Büchern vereint.

Fotos aus der Grafikwerkstatt:

Ergebnisse aus der Grafikwerkstatt:

Objektwerkstatt
Anleitung: Manuela Homm - Künstlerin aus Halle

In dieser Werkstatt entstanden Objekte, welche die Geschichte von Jörg Schieke illustrieren.

Bilder aus der Objektwerkstatt:

Diese Objekte entstanden in der Werkstatt unter Leitung von Manuela Homm:

Schmuckwerkstatt
Anleitung: Nicole Lehmann - Schmuckdesignerin aus Halle

In dieser Werkstatt wurden mit der Technik der Metallbearbeitung dreidimensionale Bilder gestaltet. Diese Technik findet in der Schmuckgestaltung Anwendung.

Bilder aus der Schmuckwerkstatt:

Fotos der entstandenen Kupferreliefs:

Textilwerkstatt
Werkstattleitung: Birgit Domke - Textilgestalterin aus Halle

Mit textilen Techniken gestalten die Kinder in dieser Werkstatt Illustrationen auf Stoffen: Sticken, Applikationen, Nähen

Ein Blick in die Textilwerkstatt:

Ergebnisse aus der Textilwerkstatt:

Werkstatt Trickfilm
Projektleitung: Thomas Plank - Künstler aus Halle

In dieser Werkstatt entstanden zunächst kleine Figuren und szenische Räume, in denen die Figuren mit den technischen Mitteln des Trickfilms zum Leben erweckt werden. Es entstanden kleine Trickfilme.

Fotos aus der Trickfilmwerkstatt: